01.-06.08.2022 | Cali, Kolumbien | Vom 1. bis 6. August war Cali Austragungsort der World Championships U20. Das Estadio Olimpico Pascual Guerrero mit einer Kapazität von 33.000 Zuschauern bot eine beeindruckende Kulisse für die rund 1.400 Athletinnen und Athleten aus 129 Nationen. Die junge Traiskirchnerin hat sich mit der Teilnahme das diesjährige sportliche Hauptziel erfüllt. Ihr Plan war die starke internationale Konkurrenz zu nutzen und wenn mögliche ihre persönliche Bestleistung zu überbieten. Die Entrylist der 24 Qualifizierten wies sie vor Beginn an Position 22 aus. „Ich habe nicht vor, auf die Platzierung zu schauen, sondern möchte einen richtig guten Mehrkampf zeigen und in die Nähe meiner Bestleistung kommen, wenn möglich diese auch übertreffen“, gab die frischgebackene Maturantin vor ihrer Abreise zu Protokoll.
Am 26. Juli begann das Abenteuer mit der Anreise nah Kolumbien. Damit blieb eine knappe Woche für die Akklimatisierung an die Höhe (ca. 1.000 Meter Seehöhe) und das tropenähnliche Klima mit extrem hoher Luftfeuchtigkeit bei hoher Temperatur. Auch die siebenstündige Zeitverschiebung galt es zu verarbeiten. Das Trainings- und Warm-up-Gelände bot zwar keine perfekten Bedingungen, weil es mehr einer Baustelle als einer Sportstätte glich. Nur rund 120 Meter der Laufbahn waren fertig, der Rest nur asphaltiert. Durch die große Anzahl der Sportler/innen kam es dadurch zu einem enormen Gedränge auf der Anlage, die sich in absolut keinem WM-würdigen Zustand befand. Auch beim offiziellen Abschlusstraining im Stadtion herrschten zu Beginn eher chaotische Zustände, kamen doch alle Delegationen am selben Ort an und mussten durch eine normale Türe ins Stadion gehen. Lange Warteschlagen und -zeiten waren die Folge.
Doch all diese kleinen Probleme konnten durch hohe Improvistationsfähigkeit der österreichischen Delegation kompensiert werden und die unmittelbare Wettkampfvorbereitung konnte gut durchgezogen werden.
Am 3. August begann der Siebenkampf um 8:30 Uhr in der Früh. Das bedeutete für Anja Dlauhy und ihre Teamkollegin Sophie Kreiner, dass sie um 5:00 Uhr aufstehen mussten, um Frühstück, Shuttle zum Warmup-Gelände und Aufwärmen vor dem Beginn absolvieren zu können. Es sollte also ein langer Tag werden…
Der Hürdenlauf begann für Anja mit einem kleinen Dämpfer. Mit 14,53 Sekunden blieb sie mit einem Sicherheitslauf hinter ihren Erwartungen zurück. Die Zeit war zwar nicht schlecht, aber doch hinter ihrem Leistungsvermögen. Der Hochsprung gelang dafür sehr gut. Mit übersprungenen 1,72 Meter machte sie viel Boden gut und einen großen Sprung in der Gesamtwertung nach vorne. „Ganz zufrieden bin ich nicht“, war die Reaktion nach der Vormittagssession. „Die Hürden waren viel zu verhalten, irgendwie spürte ich doch ein wenig die Anspannung und war nich locker genug. Und beim Hochsprung wären die 1,75 Meter möglich gewesen, aber ich hab wieder ein wenig zum Nachdenken angefangen.“
Die Nachmittagssession startete mit dem Kugelstoßen, nicht gerade die Lieblingsdisziplin von Anja. Während des Wettkampfs begann es zunächst zu regnen, was die Bedingungen zusätzlich erschwerte, und nach dem zweiten Versuch mussten wegen eines Tropengewitters mit Starkregen und Sturmböen alle Bewerbe für zwei Stunden unterbrochen werden. Bei der Wiederaufnahme konnte Anja mit ihrem besten Versuch auf 9,46 Meter ein wenig Schadensbegrenzung betreiben, fiel aber in der Gesamtwertung wieder weit zurück. Für die abschließenden 200 Meter hatte Anja ein wenig Pech bei der Bahnzuteilung. Sie musste auf der ungeliebten Innenbahn laufen. Zusätzlich blieb Bahn zwei leer, weil die dort gesetzte Athletin verletzungsbedingt aufgeben musste. Mit 25,50 Sekunden blieb die Traiskirchnerin auch knapp hinter ihrer PB zurück und ließ ein paar Punkte liegen. Mit Platz 16 ging es in die Pause nach einem extrem langen Wettkampftag. „Der Nachmittag war zum Vergesssen“, zeigte sich Anja enttäuscht. „Kugel war ganz schlecht und sehr schwierig beim den nassen Bedingungen. Dafür war der letzte Stoß noch wenigstens halbwegs in Ordnung. Und bei den 200m ist es halt schwierig in der innersten Bahn mit dem engsten Radius eine sehr schnelle Zeit zu laufen. Dazu kommt, dass die Regenerationszeit jetzt wegen der Unterbrechung sehr kurz ist, weil es morgen um 9:00 schon wieder weiter geht. Aber es hilft ja nichts. Mit einem guten zweiten Tag kann ich vielleicht noch etwas retten.“
Mit dem Weitsprung wurde der Siebenkampf am nächsten Tag fortgesetzt. Anja zeigte eine konstante Serie, traf aber den Absprung nicht perfekt. Somit kamen gute 5,65 Meter in die Wertung. Sie war damit überhaupt nicht zufrieden und die angesagte Aufholjagd ein wenig ins Stocken geraten. Platz 16 in der Gesamtwertung konnte gehalten werden, aber der erhoffte Sprung nah vorne war nicht gelungen. Somit ging es weiter zum vorletzten Bewerb dem Speerwurf, der in der heurigen Saison eher wechselnde Ergebnisse weg von ihrer Bestleistung gebracht hatte. Die ersten beiden Versuche waren mit rund 32 Meter auch in diesem Bereich. Aber beim letzten Wurf gelang der „Ausreißer“ nach oben. Mit 36,03 Meter gelang Anja mit Saisonbestleistung ein Versuch in die Nähe ihrer PB. Trotzdem ging es einen Platz nach hinten in der Gesamtwertung. Das zeigt wie dicht das Feld beisammen lag und wie stark die Konkurrenz war. „Wenigsten ist der Speer heute geflogen“, vermeldete Anja nach der Vormittagssession. „Weitsprung war OK, aber halt nicht mehr. Jetzt werde ich im 800er alles raushauen und schauen, wieviele Punkte ich noch gut machen kann“, war der Plan für den finalen 800m-Lauf in der Nachmittagssession.
Im gut besuchten Stadion bei toller Atmosphäre fand dann dieser Lauf statt. Anja zeigte einen beherzten Lauf, doch die schwülen Bedingungen ließen keine wirklichen Spitzenzeiten zu. Mit rund 2:21 Minuten blieb sie zwar hinter der angepeilten Zeit, belegte aber Rang vier in der Disziplinenwertung. Wie stark dieser Lauf war, zeigte sich in der endgültigen Gesamtwertung: Anja konnte sich damit noch um drei Plätze nach vorne arbeiten und konnte am Ende mit Platz 14 das „Österreicherinnenduell“ knapp für sich entscheiden (Kreiner belegte Rang 15).
„Ich bin hin-und hergerissen. Hätte mir vor der WM jemand gesagt, dass ich 14. werde, hätte ich dass gerne genommen. Also das Ergebnis vom Platz her passt voll gut und damit bin ich richtig happy. Aber leider war der Wettkampfverlauf nicht ganz optimal und daher bin ich mit meinen Punkten nicht wirklich zufrieden.“ wusste Anja unmittelbar nach dem Ende nicht so recht, ob sie sich freuen soll.
Ein Blick auf die Ergebnisliste zeigt aber, dass die angestrebte PB eine Platzierung unter den Top 10 bedeutet hätte. Damit wird klar, dass alle Athletinnen mit den Bedingungen hier zu kämpfen hatten und nur ganz wenige einen optimalen Verkauf erzielen konnten. So gesehen kann man mit dem Erreichten absolut zufrieden sein.
Bericht von Stefan Dlauhy
Fotos von ÖLV/ Jiro Mochizuki
Bericht (ÖLV, Tag 3, Vormittag) U20-Weltmeisterschaft, Cali/COL, 2022
Bericht (ÖLV, Tag 3, Nachmittag) U20-Weltmeisterschaft, Cali/COL, 2022
Bericht (ÖLV, Tag 4) U20-Weltmeisterschaft, Cali/COL, 2022
Bericht (NÖLV) U20-Weltmeisterschaft, Cali/COL, 2022
Fotos (Copyright: ÖLV/ Jiro Mochizuki) U20-Weltmeisterschaft, Cali/COL, 2022
Ergebnis U20-Weltmeisterschaft, Cali/COL, 2022